Immer wieder erlebe ich Kolleginnen und Kollegen, die psychisch stark belastet sind und sich in ärztliche Behandlung begeben. Relativ schnell kann klar werden, dass dafür vor allem Be- und Überlastungen im Beruf verantwortlich sind. Es gehört zu den gesicherten Erkenntnissen der Forschung, dass der Lehrberuf in besonderem Maß mit psychischen Belastungen einhergeht. Dienstvorgesetzte und Schulleitungen können die Belastungen mit ihrem Verhalten positiv beeinflussen, Stichwort salutogenes Führungsverhalten, oder aber auch Hauptgrund sein. Kommen einige Faktoren zusammen, spricht man vom Bossing, dem Mobbing durch einen Vorgesetzen.
Dann wird es problematisch. Denn aufgrund der bayerischen Richtlinien zur Umsetzung des Arbeitsschutzes ist die Schulleitung (im GS/MS Bereich inkl Schulamt) verantwortlich für das Wohl des Beamten (Fürsorgepflicht) und den Arbeits- und Gesundheitsschutz (Dienststellenmodell). Es kann also sein, dass die Schulleitung bei drohender langfristiger Dienstunfähigkeit die Aufgabe hat, dem Beschäftigen Angebote zur Prävention zu machen, beispielsweise nach 6 Wochen Krankheit innerhalb von 12 Monaten ein BEM anzubieten (Betriebliches Eingliederungsmanagment), obwohl die Ursache der Krankheit im Verhalten dieser Schulleitung liegt. Wenn sich der Beschäftigte an den Personalrat wenden möchte, kann es durchaus sein, dass die Schulleitung auch in diesem Gremium vertreten ist. Was dann bleibt ist oftmals nur Hilflosigkeit.
Meine Meinung: Das Dienststellenmodell ist nicht in der Lage, einen angemessenen Gesundheitsschutz für Lehrkräfte zu gewährleisten. Schulleitungen sind nicht entsprechend ausgebildet und geraten in ihrer Rolle als Beurteilende und Dienstvorgesetzte schnell in Rollenkonflikte. Es kann von Beschäftigten nicht erwartet werden, gegenüber ihrer Schulleitung beispielsweise in BEM- oder Präventions-Gesprächen sensible Gesundheitsdaten Preis zu geben. Hier fehlt die strukturelle Ebene, die in solchen Fällen zur Verschwiegenheit verpflichteter Ansprechpartner sein muss und die notwendige Kompetenz besitzt, um den Zusammenhang zwischen konkreter Arbeitsbedingung und Krankheit zu ermitteln. Konkret könnten das zugeordnete Betriebsmedizinerinnen und Betriebsmediziner sein, die es in Bayern leider nur beratend, dezentral und in zu geringer Anzahl bei AMIS gibt. Arbeitsschutzausschüsse sind in Betrieben ab 20 Beschäftigten vorgeschrieben, in Schulen aber Fehlanzeige. Warum? Der Arbeitgeber kommt hier seiner Pflicht, gesundheitliche Gefährdungen zu ermitteln und Maßnahmen dagegen zu ergreifen nicht nach. Jeder Beschäftigte hat zudem das Recht auf eine arbeitsmedizinische Vorsorge, wenn er das Gefühl hat, dass eine drohende Erkrankung mit den Arbeitsbedingungen zu tun haben könnte. Und wenn das Verhalten des Dienstvorgesetzten selbst das Problem ist, wird es für den Beschäftigten tatsächlich hässlich. Das Thema „salutogenes Führungsverhalten“ gehört zur Kernkompetenz einer jeden Schulleitung und sollte dementsprechend geschult und eingefordert werden. Und: Schulleitungen haben im Personalrat nichts verloren!